Kaum ein anderes Entscheidungsprinzip ist derzeit so in aller Munde, wie der Konsent. Es ist jene Gruppenbeschlussmethode, die einerseits demokratisch und andererseits ziemlich pragmatisch funktioniert. Beim Konsentverfahren werden Entscheidungen getroffen, wenn niemand dagegen ist und eben nicht wie beim bekannteren Konsens (mit s), wenn alle dafür sind.
Das Konsentverfahren hat einen grossen Vorteil: Den «Safe-enough-to-try»-Ansatz. Sicher genug, um den vorgeschlagenen Weg als Entscheidung einzuschlagen. Das tönt nach faulem Kompromiss, ist es aber nicht: Es liegt in der Natur von Entscheidungen, dass sie unter Unsicherheit und Unvergleichbarkeit getroffen werden. Wüsste man mit Sicherheit, was die beste Entscheidung ist, bräuchte man auch niemanden mehr zu involvieren. Es gäbe eine objektiv richtige Entscheidung. Dass derart klare Entscheidungen im Berufsleben eher selten sind, wissen alle, die in einem Team arbeiten. Will man alle Unsicherheiten im Team ausdiskutieren, landet man in einer Endlosschleife und steckt fest.
Es gibt verschiedene Nuancen, den Konsent zu führen.
Hier unser Vorschlag:
Die Person, die eine Entscheidung fällen möchte, schildert die Ausgangslage, also das Problem – oder «die Spannung», wie es auf newworkdeutsch formuliert wird –, das einer Lösung bedarf.
Als Nächstes macht die Person einen konkreten Vorschlag, wie der Spannung begegnet werden soll. Dabei geht es nicht darum, die perfekte, für alle Zeiten beste Lösung zu finden, sondern nur darum, mindestens einen guten Lösungsweg in den Raum zu stellen.
Nun können alle anderen Entscheidungsteilnehmenden ihre Fragen stellen, um den Vorschlag besser zu verstehen. Es gilt: Fragen heißt«Informationen einholen», nicht etwa «Informationen aussenden».
Nun sagen alle, was sie vom Vorschlag halten. Erlaubt ist, was nicht beleidigend ist.
Jetzt ist wieder die Person an der Reihe, die den ursprünglichen Vorschlag gemacht hat. Sie kann, basierend auf den Fragen und Reaktionen, ihren Vorschlag anpassen oder erweitern.
Nun werden erneut alle angehört. Wer einen Einwand hat, nennt ihn. Aber Achtung, Einwand heißt: «Ich befürchte, dass durch das Annehmen des Vorschlags ein Schaden für das Team oder unsere Organisationen entsteht, den wir nicht wieder beheben können, und zwar dieser: … » Kann kein potentieller Schaden ausgemacht werden, handelt es sich beim Einwand um: keinen Einwand.
Falls es gültige Einwände gibt, müssen diese einer nach dem anderen integriert werden - von der einbringenden Person.
Am Ende steht ein Entscheidungsergebnis, das vielleicht nicht exakt dem entspricht, was die Person ursprünglich wollte, aber gegen das es keine Einwände gibt. Wir suchen beim Konsensverfahren also nicht nach einem Weg, zu dem alle Ja sagen, sondern nach einem Weg, zu dem niemand Nein sagt.