10 + 1 Gründe, warum du dein Team entscheiden lassen solltest

Drei Dinge sind wichtig, warum zusammen besser als allein ist: Robustere Entscheide, stärkeres Team und glücklichere Menschen. Mehr Gründe findet du hier.

1. Mehr Informationen

Es ist einfache Rechnung: Jede Person in der Gruppe kann ihr eigenes, einzigartiges Wissen und ihre Erfahrung in die Entscheidung einbringen und so mehr Informationen liefern, die für eine fundierte Entscheidung genutzt werden können. Je mehr Einzelpersonen also ihr Wissen teilen, desto mehr Wissen und Erfahrung finden den Weg in die gemeinsame Entscheidung.

In einer Studie im «Journal of Personality and Social Psychology» wurde festgestellt, dass Gruppen bei sogenannten Buchstaben-Zahlen-Aufgaben besser abschneiden als die besten Einzelpersonen, die alleine arbeiten. Dieser Effekt ist bei größeren Gruppen besonders stark ausgeprägt (Laughlin, Hatch, Silver, & Boh, 2006).

2. Unterschiedliche Perspektiven

Zwei (oder mehr) Köpfe sind besser als einer, vor allem, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen. Je mehr Leute du an einen Tisch bringst, desto mehr Standpunkte und kluge Ideen wirst du bekommen. Unterschiedliche Perspektiven können dazu beitragen, eine runde Lösung zu finden, die alle Aspekte abdeckt.

Eine Studie im «Journal of Applied Psychology» ergab, dass geografisch verteilte Teams mit unterschiedlichen Hintergründen und Erfahrungen bessere Ergebnisse bei der Konfliktlösung und Entscheidungsfindung erzielten als Teams mit weniger Vielfalt (Hinds & Mortensen, 2005).

3. Erhöhte Kreativität mit divergenten Ideen

Kreativität in einer Gruppe ist vor allem in der divergenten Phase des Entscheidungsprozesses wichtig, wenn mehrere Lösungen, Optionen und Alternativen zu einer Herausforderung entwickelt werden müssen. Wenn man verschiedene Standpunkte und Erfahrungen kombiniert, können kreative Lösungen entstehen, die nicht in Betracht gezogen worden wären, wenn nur eine Person die Entscheidung getroffen hätte. 

Eine Überprüfung der Literatur zum Thema Brainstorming in der Zeitschrift «Social and Personality Psychology Compass» ergab, dass Gruppen tendenziell mehr und bessere Ideen hervorbringen als Einzelpersonen und Gruppen-Brainstorming Kreativität und Innovation fördern kann (Paulus & Brown, 2007).

4. Bessere Entscheidungsqualität

Durch die Bündelung von Wissen und Fachkenntnissen ist es wahrscheinlicher, dass eine Gruppe eine qualitativ hochwertigere Entscheidung trifft, als es eine Einzelperson tun würde.

Ein Buchkapitel von Kerr, Tindale und Davis (2011) bietet einen umfassenden Überblick über die Literatur zur Entscheidungsfindung in Gruppen und kommt zum Schluss, dass Gruppen tendenziell bessere Entscheidungen treffen als Einzelpersonen, insbesondere wenn die Aufgabe komplex ist und die Gruppe über ein hohes Mass an Fachwissen verfügt.

Das sehr empfehlenswerte Buch «Wiser: Getting Beyond Groupthink to Make Groups Smarter» von Cass R. Sunstein und Reid Hastie (2015) argumentiert ebenfalls, dass Entscheidungen in Gruppen besser getroffen werden können als von Einzelpersonen allein. Darüber hinaus argumentieren Sunstein und Hastie, dass Gruppen kognitive Voreingenommenheiten wie beispielsweise den Confirmation Bias oder die Tendenz, an der ursprünglichen Entscheidung festzuhalten, wirksam überwinden können, indem sie zu abweichenden Meinungen ermutigen und kritisches Denken fördern. Gruppenentscheidungen können also zu qualitativ besseren und solideren Entscheidungen führen als Einzelentscheidungen, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind und die Gruppenprozesse effektiv gesteuert werden.

5. Geteilte Verantwortung

Wenn eine Entscheidung gemeinsam getroffen wird, trägt jeder in der Gruppe Verantwortung für das Ergebnis. Dies kann dazu beitragen, die Arbeitslast zu verteilen und den Druck auf die einzelne Person zu verringern.

Es gibt mehrere Studien, die zeigen, dass die gemeinsame Verantwortung ein Vorteil von Gruppenentscheidungen sein kann. Eine dieser Studien ist eine Metaanalyse, die 2008 im «Journal of Applied Psychology» veröffentlicht wurde. Dafür wurden 104 Studien mit über 10’000 Teilnehmern untersucht  (Tindale, R. S., Foster-Johnson, L. & Salas, E.). Die Forscher fanden heraus, dass Gruppen tendenziell bessere Entscheidungen treffen, wenn die Verantwortung für das Ergebnis unter den Gruppenmitgliedern aufgeteilt ist.

Die Studie ergab außerdem, dass geteilte Verantwortung zu mehr Kreativität, höherer Entscheidungsqualität und besserer Umsetzung der Entscheidung führt. Die Autoren vermuten, dass die geteilte Verantwortung dazu beitragen kann, die kognitive Belastung bei der Entscheidungsfindung zu verteilen, wodurch der Stress für den Einzelnen reduziert wird und die Gruppe fundiertere Entscheidungen treffen kann.

6. Bessere Beteiligung

Wenn Mitglieder einer Gruppe ein Mitspracherecht bei der Entscheidungsfindung haben, ist es wahrscheinlicher, dass sie sich für das Ergebnis engagieren und ein Gefühl der Verantwortung dafür entwickeln.

Die Studie «Consensus, dissensus, and false consensus: Social influence and the quality of group decision making» (Mullen, Johnson & Salas, 1991) untersuchte die Auswirkungen des sozialen Einflusses auf die Entscheidungsfindung in der Gruppe und stellte fest, dass Gruppen, die einen Konsens über eine Entscheidung erzielten, ein höheres Mass an buy-in und ownership aufwiesen als Gruppen, die keinen Konsens erreichten.

Man vermutet, dass dies darauf zurückzuführen ist, dass der Prozess der Konsensfindung eine gründlichere Diskussion der Probleme und Anliegen aller Gruppenmitglieder ermöglicht, was zu einem besseren Verständnis und einer größeren Übereinstimmung zwischen ihnen führt. Darüber hinaus ergab die Studie, dass Gruppen, die einen falschen Konsens erzielten (bei denen die Mitglieder einer Entscheidung zustimmten, ohne alle verfügbaren Informationen vollständig zu erörtern oder zu berücksichtigen), ein geringeres Mass an Akzeptanz und schlechtere Entscheidungsergebnisse aufwiesen. Insgesamt legt die Studie nahe, dass eine wirksame Kommunikation und eine gründliche Berücksichtigung aller Perspektiven die Zustimmung der einzelnen Gruppenmitglieder erhöhen und zu besseren Entscheidungsergebnissen führen kann.

7. Verbesserte Kommunikationsfähigkeiten (= verbesserte Gruppenentscheidungen)

Die Entscheidungsfindung in einer Gruppe kann einer Einzelperson helfen, eigene Kommunikationsfähigkeiten zu entwickeln und zu verbessern, zum Beispiel durch aktives Zuhören, Artikulation eigener Ideen und konstruktives Feedback. Aber es funktioniert auch andersherum: Bessere Kommunikationsfähigkeiten führen zu besseren Gruppenentscheidungen.

Die Studie «The impact of team communication on decision making: An analysis of information flow and decision quality» (Rentsch, Delise & Davis, 2002) untersuchte die Beziehung zwischen Teamkommunikation und Entscheidungsqualität in einer simulierten Aufgabenumgebung. Die Ergebnisse zeigten, dass Teams, die häufiger und in höherer Qualität kommunizierten, bessere Entscheidungsergebnisse erzielten als solche mit einer geringeren Kommunikationsqualität.

8. Gesteigertes Vertrauen

Wenn eine Entscheidung gemeinsam getroffen wird, können die Einzelpersonen mehr Vertrauen in das Ergebnis haben, weil es von mehreren Personen geprüft und berücksichtigt wurde. 

Eine Studie im «Journal of Personality and Social Psychology» ergab, dass Gruppen tendenziell ein höheres Vertrauen in ihre Entscheidungen haben als Einzelpersonen und das selbst wenn diese Entscheidungen objektiv schlechter sind (Laughlin, Hatch, Silver & Boh, 2006).

9. Stärkeres Gemeinschaftsgefühl

Wenn Menschen zusammenarbeiten, um eine Entscheidung zu treffen, kann dies das Gemeinschaftsgefühl und die Teamarbeit fördern, was sich positiv auf den Aufbau von Beziehungen und eine positive Arbeitskultur auswirken kann. 

Die Studie «The Relationship between Participation in Decision-Making and Job Satisfaction» (Shahid & Iqbal, 2016) untersuchte die Beziehung zwischen der Beteiligung der Mitarbeitenden an der Entscheidungsfindung und der Arbeitszufriedenheit. Die Ergebnisse zeigten eine positive Korrelation, was darauf hindeutet, dass Mitarbeitende, die ein Mitspracherecht bei Entscheidungsprozessen haben, eher mit ihrer Arbeit zufrieden sind. Die Autoren vermuten, dass dies darauf zurückzuführen ist, dass die Beteiligung an Entscheidungsprozessen den Arbeitnehmenden das Gefühl gibt, ihre Arbeit zu kontrollieren und selbst zu bestimmen, was zu größerer Zufriedenheit führen kann. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass der Zusammenhang zwischen der Beteiligung an Entscheidungsprozessen und der Arbeitszufriedenheit stärker ist, wenn die Mitarbeitenden das Gefühl haben, dass ihre Beteiligung sinnvoll ist und sich auf die Ergebnisse der Entscheidungen auswirkt.

10. Teamentscheidungen machen Einzelpersonen glücklicher (und ethischer)

Es gibt einige Hinweise darauf, dass Entscheidungsprozesse im Team positive Auswirkungen auf das Glück und das Wohlbefinden der Einzelnen haben. 

Eine Metaanalyse (Kish-Gephart, J. J., Harrison, D. A. & Treviño, L. K., 2010) von über 400 Studien und eine weitere von über 100 Studien (LePine, J. A. et al., 2008) ergab, dass Teams, die offene und partizipatorische Entscheidungsprozesse durchführen, tendenziell ein geringeres Mass an unethischem Verhalten und ein höheres Maß an Arbeitszufriedenheit und Wohlbefinden aufweisen.

Und auch das ist interessant: Eine Schweizer Studie (Bizer, K., Falk, A. & Lange, A., 2004) hat gezeigt, dass Menschen, die auf kommunaler und regionaler Ebene mitbestimmen, weniger bei den Steuern schummeln. Partizipation bedeutet also auch ein größeres Bewusstsein für die allgemeine soziale Verantwortung und erhöht das ethische Bewusstsein.

BONUS: Besser performen als diejenigen, die noch von oben nach unten entscheiden

Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Unternehmen, die Entscheidungsfindungsprozesse in Gruppen nutzen, besser abschneiden als Unternehmen, die sich auf traditionelle hierarchische Entscheidungsstrukturen stützen. 

Eine Studie, die diesen Gedanken unterstützt, ist «Deliberation and Firm Performance» von Ethan J. Leib und Christine Jolls, die 2006 in der «Harvard Law Review» veröffentlicht wurde. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass Unternehmen, die sich auf deliberative Entscheidungsfindungsprozesse einlassen, leistungsfähiger und innovativer sein können als Unternehmen, die sich auf traditionelle Top-down-Entscheidungen verlassen.

Eine weitere Studie von McKinsey & Company mit dem Titel «Making Data Analytics Work for You – Instead of the Other Way Around» (2018) ergab, dass Unternehmen mit einer stärker auf Zusammenarbeit ausgerichteten Entscheidungskultur erfolgreicher bei der Nutzung von Datenanalysen sind, um bessere Geschäftsergebnisse zu erzielen. Diese Unternehmen neigen dazu, der funktionsübergreifenden Zusammenarbeit und unterschiedlichen Perspektiven Vorrang einzuräumen, was ihnen eine effektivere Nutzung von Daten ermöglicht.

Es ist jedoch zu beachten, dass die Effektivität von Gruppenentscheidungen von diversen Faktoren abhängen kann, zum Beispiel von der Größe und Zusammensetzung der Gruppe, dem verwendeten Entscheidungsprozess und der Art der zu treffenden Entscheidung. In einigen Fällen können traditionelle hierarchische Entscheidungsstrukturen effektiver sein, insbesondere in Situationen, in denen schnelles Handeln entscheidend ist. 

Spezialeinheiten (in Armeen) verwenden in der Regel eine Kombination aus hierarchischer Entscheidungsfindung und teambasierter Entscheidungsfindung, je nach Situation und Aufgabe. Diese Teams sind in kleinen, gut ausgebildeten Einheiten organisiert, die unter hohem Druck und meist mit hohem Risiko operieren. Gleichzeitig legen die Spezialeinheiten großen Wert auf Teamwork und Zusammenarbeit. Die Mitglieder dieser Teams werden oft nach ihrer Fähigkeit ausgewählt, in einem teambasierten Umfeld gut zu arbeiten. Sie erhalten eine umfassende Schulung, wie sie effektiv miteinander kommunizieren, arbeiten und Entscheidungen treffen können.

Quellen

Laughlin, P. R., Hatch, E. C., Silver, J. S., & Boh, L. (2006). Groups Perform Better than the Best Individuals on Letters-to-Numbers Problems: Effects of Group Size. Journal of Personality and Social Psychology, 90(4), 644-651.

Hinds, P. J., & Mortensen, M. (2005). Understanding Conflict in Geographically Distributed Teams: The Moderating Effects of Shared Identity, Shared Context, and Spontaneous Communication. Organization Science, 16(3), 290-307.

Paulus, P. B., & Brown, V. R. (2007). Toward more creative and innovative group idea generation: A cognitive-social-motivational perspective of brainstorming. Social and Personality Psychology Compass, 1(1), 248-265.

Kerr, N. L., Tindale, R. S., & Davis, J. H. (2011). Group decision making: Performance, interaction, and effectiveness. Psychology Press.

Sunstein, C. R., & Hastie, R. (2015). Wiser: Getting beyond groupthink to make groups smarter. Harvard Business Review Press.

Tindale, R. S., Foster-Johnson, L., & Salas, E. (2008). Collective efficacy and shared responsibility in teamwork. In E. Salas, G. F. Goodwin, & C. S. Burke (Eds.), Team effectiveness in complex organizations: Cross-disciplinary perspectives and approaches (pp. 83-104). New York: Taylor & Francis.

Mullen, B., Johnson, C., & Salas, E. (1991). Consensus, dissensus, and false consensus: Social influence and the quality of group decision making. Journal of Personality and Social Psychology, 61(2), 250-260.

Rentsch, J. R., Delise, L. A., & Davis, T. J. (2002). The impact of team communication on decision making: An analysis of information flow and decision quality. Journal of Applied Psychology, 87(2), 249-256

Laughlin, P. R., Hatch, E. C., Silver, J. S., & Boh, L. (2006). Groups Perform Better than the Best Individuals on Letters-to-Numbers Problems: Effects of Group Size. Journal of Personality and Social Psychology, 90(4), 644-651.

Shahid, A., & Iqbal, N. (2016). The Relationship between Participation in Decision-Making and Job Satisfaction. Journal of Business and Management, 18(8), 59-64.

Kish-Gephart, J. J., Harrison, D. A., & Treviño, L. K. (2010). Bad apples, bad cases, and bad barrels: Meta-analytic evidence about sources of unethical decisions at work. Journal of Applied Psychology, 95(1), 1-31.

LePine, J. A., Piccolo, R. F., Jackson, C. L., Mathieu, J. E., & Saul, J. R. (2008). A meta-analysis of teamwork processes: Tests of a multidimensional model and relationships with team effectiveness criteria. Personnel Psychology, 61(2), 273-307.

Bizer, K., Falk, A., Lange, J. (2004) AM STAAT VORBEI. Transparenz, Fairness und Partizipation kontra Steuerhinterziehung. Dunker & Humboldt, Berlin, S.47-57

Publiziert im
März 2023